Wenn die Leidenschaft für Sprachförderung ein Gesicht hat, dann gehört es Eva-Carolina Doll von der aim in Heilbronn. Spricht sie über die Entwicklung von Persönlichkeit, tanzen ihre Hände. Ihr Credo: „Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche ihre Bildungschancen nutzen können.“
Große Dinge offenbaren sich im Kleinen. Es ist eines dieser oft wenig beachteten Wunder, dass Kinder erst Laute von sich geben und dann plötzlich mit Worten auf sich aufmerksam machen, ehe ihnen später ganze Sätze über die Lippen kommen. Was im Alltag allzu selbstverständlich scheint, ist letztlich ein komplexer Lernprozess, von dem viel abhängt für die Zukunft. „Worte sind Luft“, hat der Schriftsteller Arthur Köstler einmal gesagt. „Aber die Luft wird zu Wind, und der Wind macht die Schiffe segeln.“ So gesehen, trägt Eva-Carolina Doll mit ihrem Team jeden Tag dazu bei, dass kleine Schiffe ins Segeln kommen. Ein Job, den die 35-Jährige mit Leidenschaft ausfüllt. „Ich mache das für die Kinder“, sagt sie. „Und das macht mich glücklich.“
Keine Frage, da haben sich zwei gefunden: auf der einen Seite die Akademie für Innovative Bildung und Management Heilbronn-Franken, kurz aim. Und auf der anderen Seite Eva-Carolina Doll, die studierte Lehrerin für Geschichte und Deutsch, die seit 2015 für die aim arbeitet und dort als Prokuristin und Programmleiterin mit ihrem 30-köpfigen Team für die pädagogische Ausrichtung der weithin geschätzten Einrichtung verantwortlich ist.
Vielleicht muss man sich ab und zu erden in den Höhen, um die Dinge aus der Perspektive von Eva-Carolina Doll sehen zu können. „Nicht der Berg ist es, den man bezwingt, sondern das eigene Ich“, hat Edmund Hillary, der Erstbezwinger des Mount Everest, über das Bergsteigen geschrieben. Bei Eva-Carolina Doll tun es ein paar Höhenmeter weniger. Sie ist in Idar-Oberstein geboren und früh mit ihrem Vater, einem leidenschaftlichen Hobby-Alpinisten, in die Berge gegangen. „Dort oben relativiert sich viel“, sagt sie. Man wird demütig und dankbar für scheinbar Selbstverständliches. Aber ist es wirklich selbstverständlich, dass uns die Füße nach oben tragen? Der eine kann schneller gehen, der andere muss langsamer machen. Und am Ende stehen die meisten oben und sind glücklich, dass sie mit ihren Fähigkeiten so weit gekommen sind.
Junge Menschen in ihren sprachlichen Fähigkeiten voranzubringen, damit sie ihre Potenziale ausschöpfen können und am Ende ihre ganz persönlichen Gipfel erreichen, das ist für Eva- Carolina Doll so etwas wie Petroleum unter dem Docht. Sie arbeitet täglich dafür, Kinder im Alltag in der sprachlichen Entwicklung zu unterstützen.
Eine Haltung, die sich mit der Philosophie der Dieter Schwarz Stiftung deckt, die nicht von ungefähr seit vielen Jahren finanzielle Unterstützung für die aim leistet. Das Konzept ist langfristig angelegt. Bildung ist schließlich ein Prozess, wie es Eva-Carolina Doll formuliert, „in dem man seine Kompetenzen erweitert, seine Stärken, aber auch die Entwicklungsfelder herausfindet und die eigene Persönlichkeit bildet.“
Wie sehr gerade Sprachförderung prägen kann, mag die abenteuerliche Geschichte eines dreijährigen Jungen aus der norditalienischen Provinz Treviso offenbaren, die durch die Presse ging, weil er so sehr von seinen Eltern vernachlässigt worden war, dass er nicht sprechen, sondern nur bellen konnte. Da die Eltern fast jeden Tag von morgens bis abends in den Weinbergen verbrachten, lebte der Junge mit einem Hund zusammen, der ihn über alle Maßen prägte. Erst als eine Kinderärztin merkte, dass der Junge auf ihre Fragen mit einem Bellen antwortete, wurde das ganze Ausmaß klar. Eine Geschichte, die viel sagt über menschliche Prägungen.
Was ihre eigene Prägung betrifft, so stand bei Eva-Carolina Doll vor dem Engagement in Heilbronn erst einmal ein Studium in Regensburg. Deutsch und Geschichte auf Lehramt, das war ihr erstes Ziel. Es folgte eine zusätzliche Ausbildung in IT und nachfolgend die Promotion in Geschichte über Handlungsstrukturen in der nachnapoleonischen Zeit. In der Folge suchte sie im weiten Radius nach einem Job, in dem sie ihre Fähigkeiten einbringen kann und der zugleich die Möglichkeit eröffnet, Dinge zum Besseren zu verändern. „Ich wollte nach der Promotion unbedingt in den Bildungsbereich“, sagt sie.
„Es hat keinen Sinn zu sagen, alles ist schlecht. Die wirkliche Fragestellung ist: was können wir tun, um es vielleicht nur ein kleines bisschen besser zu machen?“ Getreu diesem Lehrsatz von Karl Popper feilt die Lehrerin mit ihrem Team seitdem an Programmen, die Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung voranbringen können. Die Akademie für Innovative Bildung und Management zählt national zu den großen Förderengagements im Bereich Bildung. Als gemeinnützige Einrichtung engagiert sich die Akademie für frühkindliche Bildung, Unterricht und Schule sowie individuelle Qualifikation. Sie versteht Bildung als Voraussetzung für die Teilhabe an der Gesellschaft und für die Gestaltung des eigenen Lebens. Dabei entwickelt die aim passgenaue Konzepte für den Markt und unterstützt unter anderem Krippen und Kindergärten, um optimale Bildungsvoraussetzungen für alle Kinder zu schaffen.
Einer der zentralen Bausteine ist die Ausbildung von Fachkräften zur Sprachbildung. Der Bedarf ist groß, der Radius beachtlich: In Heilbronn und in Hohenlohe, Schwäbisch Hall, in den Kreisen Main-Tauber, Neckar-Odenwald, Rhein-Neckar, Karlsruhe, Ostalb und Ludwigsburg wird das Angebot nachgefragt. Die über Schulen angebotene Sprachförderung richtet sich an Kinder mit guten sprachlichen Fähigkeiten ebenso wie an solche mit Sprachentwicklungsverzögerungen oder auch an Kinder, die Deutsch als Zweit- oder Drittsprache lernen. Das Personal hat gut zu tun. „Wir haben aktuell 322 Freischaffende und 27 Festangestellte“, sagt Eva-Carolina Doll.
Angefangen hat die aim 2006 mit drei Schulen. Kleine Schritte, die in Wirklichkeit Teil eines großen waren. Inzwischen sind es 180 Bildungseinrichtungen. Der Lehrgang für die Sprachförderdozentinnen und -dozenten dauerte anfangs vier Tage, mittlerweile ist das Programm verfeinert und der Lehrgang ist auf 16 Tage angesetzt.
„Es geht im Fokus um die gesprochene Sprache“, sagt Eva-Carolina Doll. Maximal sechs Kinder sind in der Praxis vor Ort in den Schulen in einer Gruppe. Mindestens zwei Förderstunden pro Woche stehen auf dem Plan. Das Angebot ist für Eltern und Schulen kostenfrei.
Für die Eppingerin, die gesegnet ist mit einem Blick fürs Ganze, ist das Erwerben der Sprache ein zentraler Lebensprozess. Alle Maßnahmen, die eine Gesellschaft zur Sprachförderung von Kindern und natürlich auch Erwachsenen anbietet und durchführt, dienen aus ihrer Sicht der Integration, der sozialen Gerechtigkeit und der Chancengleichheit und haben folglich auch eine wirtschaftliche Bedeutung. Schließlich werden am Ende in der Praxis eher diejenigen, die die Landessprache in Wort und Schrift beherrschen und sich im Alltag daher gut zurechtfinden, eine qualifizierte Ausbildung absolvieren können und Chancen haben auf einen Job, der soziale Absicherung bietet.
Eva-Carolina Doll und ihr Team reflektieren ständig, wie sich das Programm verbessern lässt und was die Kinder und die Schulen aktuell brauchen.
Dabei sind die Heilbronner durchaus schnell in ihren Entscheidungen. „Wir sind kein Tanker, sondern eher ein Motorboot und genau das macht uns stark.“ Ein Teil dieses Teams zu sein, ist so etwas wie die Berufung von Eva-Carolina Doll. Auch nach sechs Jahren an der aim wärmt sich die Programmleiterin noch immer am Feuer ihrer Begeisterung. „Ich brenne für Bildung und ich brenne für Jugendliche“, sagt sie. „Das ist eine Investition in die Zukunft.“