Gesellschaftlicher Mehrwert im Blick

Ohne gute Lehrkräfte gibt es keine gute Schule. Mit Förderprogrammen unterstützen die Stiftung der Deutschen Wirtschaft und die Dieter Schwarz Stiftung besonders engagierte Nachwuchspädagoginnen und -pädagogen sowie angehende schulische Führungskräfte, die ihre Schule gestalten und Veränderungen als Chance begreifen.

Wenn es um Schule geht, dann ist das manchmal wie beim Fußball: Fast alle haben eine Meinung, fast alle glauben, es besser zu wissen. An Themen mangelt es nicht. Diskutiert wird über Strukturen, Lehrpläne, Klassengrößen und Unterrichtsausfall. Angesichts der föderalen Bildungslandschaft in Deutschland erklingt dann ein vielstimmiger Chor, in dem Selbstverständliches kaum noch gehört wird. Zum Beispiel, dass eine gute Schule gute Lehrkräfte braucht. Und genau hier setzen verschiedene Förderprogramme der Stiftung der Deutschen Wirtschaft in Zusammenarbeit mit der Dieter Schwarz Stiftung an, die sich an Schülerinnen und Schüler, an Studierende und an junge Berufstätige wenden.

Auch wenn die Zielgruppen vom Alter und Ausbildungsstatus her unterschiedlich sind, so eint die Programme doch mehr, als auf den ersten Blick zu vermuten wäre. Sie zielen auf engagierte, motivierte und leistungsbereite junge Menschen, die nicht nur ihre eigene Karriere, sondern auch den gesellschaftlichen Mehrwert im Visier haben und die wissen, dass echte Fortschritte nur im Team zu erreichen sind. Oder wie es Fanny Günthel, Projektleiterin bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft sagt: „Unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten haben eine hohe Motivation, Dinge verbessern zu wollen – und sie müssen nicht nur darüber reden, sondern auch ins Handeln kommen.“

Geradezu exemplarisch verwirklicht diesen Anspruch das jüngste Förderprogramm namens TaLea. Hinter der Abkürzung verbirgt sich das Projekt Tandem Leadership for Learning. Angesprochen werden Lehrkräfte aller Schulformen, die Führungsverantwortung anstreben oder vor Kurzem übernommen haben. Dabei hat TaLea nicht nur, aber vor allem Absolventinnen und Absolventen des schon seit dem Jahr 2007 bestehenden Studienkollegs im Blick, das Lehramtsstudierende darin unterstützt, eine aktive Rolle zu übernehmen und sich zu „Schulgestalterinnen und Schulgestaltern von morgen zu entwickeln“, wie Fanny Günthel sagt.

Noch früher steigt das Programm Lehramt Mintoring ein, das seit dem Jahr 2021 u.a. dank der Dieter Schwarz Stiftung landesweit in BadenWürttemberg angeboten wird. Wie schon im Namen angedeutet, wendet es sich an Schülerinnen und Schüler, die sich für die sogenannten MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, interessieren und sich vorstellen können, diese später an Schulen zu unterrichten. Mintoring begleitet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bis zu vier Jahre beim Übergang von der Schule an die Hochschule.

Es ist kein Wunder, dass sich die Stiftungen gerade im MINT-Bereich engagieren. Fachkräfte in dieser Sparte sind vor dem Hintergrund der Digitalisierung und des Klimawandels besonders gefragt, sie bestimmen mit, wie wettbewerbsfähig und zukunftsfest die deutsche Wirtschaft ist. Das Interesse daran wird in den Schulen geweckt, dafür benötigt man Lehrkräfte, die Schülerinnen und Schüler für diese Themen begeistern. „Der Mangel in MINT-Berufen ist gravierend, das gilt auch für MINT-Lehrkräfte“, beschreibt Andrea Freudenberg, die bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft das Projekt leitet, die aktuelle Situation. Etwa 50 Schülerinnen und Schüler werden jedes Jahr in die Förderung aufgenommen, rund zwei Drittel sind junge Frauen. „Wichtiges Herzstück“ des Programms, so Andrea Freudenberg, sind die Mentorinnen und Mentoren, die bereits in MINT-Fächern Lehramt studieren und die Schülerinnen und Schüler begleiten und sie direkt in das Studium hineinschnuppern lassen.

„Gerade die Studentinnen sind motivierende Vorbilder für die jungen Frauen“,

sagt Andrea Freudenberg. Zum Programm gehören Workshops, Experimentiertage in Laboren und Exkursionen zu Hochschulen. „Das ist alles sehr praxisnah und sehr lebendig“, betont sie. In regionalen Gruppen, die es mittlerweile in Stuttgart, Karlsruhe, Heidelberg, Freiburg und anderen Städten gibt, können sich die Teilnehmenden austauschen, einmal im Jahr treffen sie sich zu einer mehrtägigen Akademie. Diese ideelle Förderung sei für die Teilnehmenden entscheidend, weniger die durchschnittlich 25 Euro, die es pro Monat gibt, betont die Projektleiterin: „Das Geld geben die meisten für Labormaterialien, Experimente und Fachliteratur aus.“

Bei ihren Stipendienangeboten für Studierende erwartet die Stiftung von den Interessenten nicht nur gute Noten, die im oberen Drittel des Leistungsspektrums liegen sollten. Eine wichtige Rolle für eine Aufnahme spielt auch das ehrenamtliche Engagement der Bewerberinnen und Bewerber, sei es in Vereinen, Parteien, Kirchen, gemeinnützigen Verbänden oder sozialen Einrichtungen. „Das sollte viele Jahre nachweisbar sein“, sagt Fanny Günthel. Zudem sollten die Interessierten deutlich machen, dass sie zielstrebig und zügig die Schule und das Studium absolvieren. „Uns ist wichtig, dass die Bewerberinnen und Bewerber nicht nur an ihrem eigenen, sondern auch am gesellschaftlichen Fortkommen interessiert sind“, heißt es in den Unterlagen. Fanny Günthel spricht da vom „sdw-Spirit“. Dazu gehört, dass sich viele Stipendiatinnen und Stipendiaten nach Anschluss der Förderung in Netzwerken regelmäßig treffen. Auch so werden die föderalen Grenzen der zersplitterten deutschen Bildungslandschaft überwunden.

Ungefähr 300 Lehramtsstudierende werden jährlich in dem Programm Studienkolleg unterstützt. Das Stipendium beinhaltet ein umfangreiches Bildungsangebot zur Schul- und Persönlichkeitsentwicklung und als Teil der Begabtenförderung eine monatliche finanzielle Unterstützung, die mit 300 Euro im Monat beginnt. Damit soll nach den Worten von Fanny Günthel erreicht werden, dass sich die Geförderten auf das Studium und ihre ehrenamtlichen Aktivitäten konzentrieren können und nicht auf Nebenjobs angewiesen sind, um das Studentenleben zu finanzieren.

Fortgesetzt wird die Förderung dann durch TaLea. „Führungskräfte an den Schulen spielen eine entscheidende Rolle für die Schul- und Unterrichtsqualität“, beschreibt Fanny Günthel den Ansatz, der gerade bei neuen Herausforderungen wie Inklusion, Digitalisierung und ganztägigem Lernen gelte.

„Die schulischen Nachwuchsführungskräfte sind oft die Changemaker“,

sagt sie. Herzstück des Programms ist dass sich die bundesweit bis zu 50 Teilnehmenden mit einer Kollegin oder einem Kollegen ihrer Schule bewerben und ein konkretes Projekt umsetzen wollen. Das sind oft sehr spezifische Fragestellungen, die sich mit Digitalisierung, Spracherwerb, kreativen Problemlösungen, partizipativer Schulentwicklung und neuen Lernformen beschäftigen. „Diese Projekte sollen Impulse für eine bessere Schule geben und Katalysator für Entwicklungen und Veränderungen sein“, betont die Projektleiterin. Wichtig sei auch, dass erlebt werde, wie kollegiale Zusammenarbeit zum Erfolg führt und wie man Verbündete für Veränderungen findet. Die Erfahrungen mit dem Programm und die Reaktion der Teilnehmenden zeigen, dass „wir erreichen, womit wir antreten“, sagt Fanny Günthel. So hätten mehr als 90 Prozent der Geförderten im ersten TaLea-Jahrgang erklärt, sie fühlten sich motiviert und kompetent, mehr Führungsverantwortung an ihrer Schule zu übernehmen. Gerade das „gemeinsame Nachdenken über Schule und der Blick über den Tellerrand ist inspirierend und motivierend“, hieß es aus Teilnehmerkreisen.

Interesse wecken, Wege aufzeigen, Entwicklungen fördern – so lässt sich der Dreiklang der Programme zusammenfassen, die letztlich das Ziel haben, die Persönlichkeit der Lehrerin und des Lehrers zu stärken, die Schul- und die Unterrichtsqualität zu erhöhen und die Schule insgesamt besser zu machen. Dies zu fördern, sei auch deshalb wichtig, sagt Fanny Günthel, weil „Innovation und Veränderung sonst im Sog des sehr herausfordernden Alltags an den Schulen“ unterzugehen drohen.